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Ulf Bietz

Basics der Neurobionomy - 2


Propriozeption


Unter Propriozeption versteht man die Summe der Informationen, die der Bewegungsapparat zum zentralen Nervensystem (ZNS) sendet. Dazu gehören unter anderem Informationen über Druck oder Kontakt, Spannungsveränderungen der Muskeln, Spannungszustände der Sehnen oder Positionen der Gelenkkapseln. Ziel der Propriozeption ist, das ZNS über unsere Situation und Position im Raum zu informieren, damit der Körper sich optimal anpassen kann.


Optimal im Sinne der Neurobionomy heißt : maximale Stabilität und Mobilität mit minimalem Aufwand (also ohne unnötige Verspannung oder Ressourcen Verschwendung).


Die propriopzeptiven Informationen werden teilweise bewußt, teilweise unbewußt vom Gehirn verarbeitet. So merken wir zum Beispiel, dass wir den Arm vor uns im Raum halten, aber nicht wie das ZNS automatisch den Rest des Körpers neu reguliert, damit uns das Gewicht nicht nach vorne fallen lässt.


PINDEF (proprioceptive input deficiency)


Wenn Informationen fehlen oder fehlerhafte Informationen ins ZNS gesandt werden, muss das Gehirn die Ausrichtung unseres Körpers im Raum so gut es geht einschätzen (siehe auch Basics der Neurobionomy - 1). Es benutzt dazu vermehrt andere Informationen, unter anderem visuelle Reize. Bei einer guten Propriozeption können Patienten nahezu genau so gut mit geöffneten wie mit geschlossenen Augen das Gleichgewicht halten. Wenn die visuellen Reize fehlen (bei geschlossenen Augen), muss sich das Gehirn verstärkt auf die Propriozeption verlassen können. Probieren Sie es ruhig aus : Stabilität bei geschlossenen Augen ist einer der einfachsten Tests, den wir benutzen.


Wie entsteht so ein Defizit ?


Dieses Thema wird in nachfolgenden Beiträgen noch eingehend beantwortet. In dieser Einführung sei zumindest gesagt, dass einer der Hauptgründe in der sogenannten Sensomotorischen Amnesie liegt. Dieser Begriff wurde vom amerikanischen Therapeuten Thomas Hanna geprägt. Obwohl es sich hier auch nur um ein Erklärungsmodell handelt und nicht um wissenschaftliche Fakten, hilft es uns zu verstehen, wie ein Körper in seiner Propriozeption entgleisen kann. Wenn ein Körper längere Zeit immer wieder die gleichen Bewegungsmuster wiederholt oder beibehält (langes Sitzen, Dauerstress, repetitive Arbeitsbewegungen, Schonhaltungen nach Verletzungen ....), entwickelt sich allmählich eine sensomotorische Amnesie. Mit anderen Worten : unser Gehirn “vergisst“ zunehmend die “normale“ Postur. Eine verspannte und unnatürliche Körperhaltung wird zur neuen Norm. Und daher werden wir diese Position auch dann einnehmen, wenn es die Situation nicht mehr verlangt.

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